Steinkreuz
Unter Steinkreuzen versteht man im allgemeinen aus einem einzigen Stein gehauene, kreuzförmige Gebilde, während Kreuzsteine keine Kreuzkontur aufweisen, aber ein ausgemeisseltes Kreuzrelief. Neben diesen objektiven Kriterien sind nur solche Objekte "klassische" Steinkreuze oder Kreuzsteine im engeren Sinn, die noch andere Merkmale aufweisen. Dies kann z.B. sein, daß das Kreuz ein gewisses Alter aufweist, am freien Feld oder im Wald steht, aber nicht beispielsweise auf einem Friedhof oder Bestandteil eines Gebäudes ist. Wo hier genau die Grenze liegt, kann man nicht genau sagen, auch im zweiten Buch von Ada Paul (s.u.) sind Objekte angeführt, die meines Erachtens kein "echtes" Steinkreuz darstellen (z.B. Patzmannsdorf, Spitz a.d. Donau). Auf dieser Seite werden nur solche Steinkreuze und Kreuzsteine im engeren Sinn angeführt, da auch nur diese als Rechtsdenkmäler (Sühnekreuz, Armesünderkreuz oder Grenzzeichen) in Frage kommen.

Die Standardliteratur zu diesem Thema stellt die Bestandsaufnahme von Ada Paul aus dem Jahre 1975 ([Paul75]) und der Nachtrag von 1988 ([Paul88]) dar. Alle Objekte die hier angeführt werden, kommen auch bei Ada Paul vor, außer das Steinkreuz in Sitzendorf an der Schmida. Als Erweiterung zu Ada Pauls Werk werden hier bei den meisten Objekte genaue Positionsangaben im Bundesmeldenetz angegeben, weiteres Farbfotos und maßstabsgetreue Zeichnungen.

Über den Aufstellungszweck der Kreuze bestehen im großen und ganzen folgende vier Theorien:
  • Es handelt sich um Sühnekreuze. Nach dem germanischen, ungeschriebenen Gewohnheitsrecht (im Gegensatz zum geschriebenen, römischen Recht) war Totschlag kein Offizialdelikt, das automatisch zur Strafverfolgung durch den Staat führte. Vielmehr bestand die Möglichkeit, daß sich Täter und Hinterbliebene des Opfers auf außergerichtlichem Wege einigen konnten. Dazu mußte der Täter Buße und Wiedergutmachung leisten, Wallfahrten finanzieren etc. und eben auch ein Steinkreuz zum Seelenheil des Opfers aufstellen. Zu diesem Zweck wurde ein Sühnebrief (=Vertrag) unterzeichnet, indem alle Verpflichtungen des Täters genau beschrieben waren. Im Gegenzug war die Straftat abgetan und der Täter vor der Blutrache der Sippe des Opfers geschützt. Gegen diese Theorie spricht, daß in Österreich zu keinem bestehenden Kreuz ein derartiger Sühnebrief (mehr) existiert, im Gegensatz z.B. zu Deutschland. Zu zwei bestehenden Sühnebriefen fehlen die zugehörigen Kreuze. Die Aufstellung von Sühnekreuzen waren von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts üblich.
  • Eine andere Theorie besagt, daß es sich bei den Kreuzen um Grenzzeichen handelt. Früher war die Strafverfolgung Sache des jeweiligen Grundherren, der damit hohe Einnahmen aus Strafgeldern, ihm verfallenen Vermögen usw., bezog. Es war daher durchaus im Interesse des Grundherren sein gewinnbringendes Territorium genau abzugrenzen. Offen bleibt allerdings die Frage warum gerade die Kreuzform für die Grenzzeichen gewählt wurde.
  • Es könnte sich auch um Armensünderkreuze handeln, also Kreuze die sich bei Hochgerichten befanden und bei denen sich der Verurteilte von seinen Angehörigen verabschieden mußte (siehe auch Thema Galgenumfeld). Die Näpfchenbohrungen (siehe Steinkreuz Reinprechtspölla) könnten hiermit als Schalen zum Entzünden von Armesünderlichtern interpretiert werden.
  • Die vierte Theorie besagt, daß es sich um vorchristliche Kultobjekte handelt, wofür vor allem der hohe Verwitterungsgrad manche Objekte sprechen würde. Das Kreuz war schon vor der Christianisierung ein Symbol, die Gabel auf dem Kreuz von Reinprechtspölla könnte als "Donarzeichen" interpretiert werden.

Sicher wird auf manche Objekte die eine Theorie zutreffen, andere können einen anderen Entstehungsgrund habenoder später "umfunktioniert" worden sein. Das Volk hingegen schreibt den Kreuzen meist einen Entstehungsgrund zu, der mit Kriegen, Invasionen, Seuchen und sonstigen Katastrophen zusammenhängt. Viele Kreuze sind als Schweden-, Hussiten-, Franzosen- oder Pestkreuze bezeichnet worden (nur Russenkreuze wurden noch nicht erfunden) und dazupassende Sagen werden erzählt.

Über die Verbreitung kann man sagen, daß in Österreich, im Gegensatz zu beispielsweise Deutschland und Schlesien, sehr wenige Kreuze existieren. Die meisten davon befinden sich im Waldviertel und in Salzburg. Es gibt in Österreich daher auch wenig Steinkreuzforschung, im Gegensatz zu Deutschland wo sogar eine diesbezügliche Fachzeitschrift herausgegeben wird. Außerdem werden die unscheinbaren Kreuze durch die vielen anderen in Österreich vorhandenen Flurdenkmäler wie Bildstöcke, Lichtsäulen und Marteln in den Hintergrund gedrängt. Zumal sind viele Kreuze auch schon verloren gegangen, es tauchen aber manchmal längst verloren geglaubte Kreuze wieder auf (z.B. Sitzendorf).

Objektliste:
Steinkreuz AltpöllaKreuzstein BogenneusiedlSteinkreuz DietmannsKreuzstein ErdweisSteinkreuz Gmünd BlockheideKreuzstein GrießbachSteinkreuz Groß-RadischenSteinkreuz GroßmuglKreuzstein GroßreichenbachKreuzstein GroßschönauSteinkreuz GroßwolfgersSteinkreuz KühnringSteinkreuz LoimannsSteinkreuz LoosdorfKreuzstein ObergrünbachSteinkreuz OberwindhagSteinkreuz OtjěvěkSteinkreuz RappolzSteinkreuz ReinprechtspöllaSteinkreuz RoseldorfSteinkreuz Schrems AnderlfabrikSteinkreuz Schrems KleedorfSteinkreuz Schrems SteinbruchSteinkreuz SeyfriedsSteinkreuz Sitzendorf an der SchmidaSteinkreuz ThauaSteinkreuz ThayaKreuzstein ThayaKreuzstein ThayaSteinkreuz Trausdorf an der WulkaSteinkreuz WörnhartsSteinkreuz Zwettl

© Stefan Lefnaer 14.03.2015